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Verhandlungen mit Lieferanten und Herstellern

Geschrieben von Lars O. Horpestad | 04.05.2025 18:49:50

Du hast einen coolen Lieferanten gefunden, die Muster sehen super aus und du bist bereit, deine erste richtige Bestellung aufzugeben. Spannend, oder? Aber halt – bevor du irgendwas unterschreibst oder Geld überweist, gibt's noch einen wichtigen Schritt: die Verhandlung. Wenn du einfach das erste Angebot oder die Standardbedingungen akzeptierst, kannst du viel Geld und Vorteile verschenken. Bei der effektiven Aushandlung von Lieferantenbedingungen geht es nicht darum, aggressiv oder konfrontativ aufzutreten, sondern darum, die Situation zu verstehen, deine Verhandlungsposition zu kennen und eine für beide Seiten vorteilhafte Partnerschaft aufzubauen.

Viele Unternehmer, insbesondere in der Anfangsphase, fühlen sich von Verhandlungen eingeschüchtert. Sie haben vielleicht Angst, den Lieferanten zu verärgern, als „geizig“ zu gelten oder einfach nicht zu wissen, *worüber* sie verhandeln sollen. Diese Zurückhaltung kann teuer werden. Lieferanten, vor allem erfahrene, haben oft Verhandlungsspielraum eingebaut. Ihr erstes Angebot ist oft nur das – ein erstes Angebot, nicht das letzte Wort. Wenn du nicht verhandelst, zahlst du möglicherweise zu viel, akzeptierst ungünstige Zahlungsbedingungen oder verpasst bessere Versandkonditionen.

Dieser Leitfaden gibt dir Strategien und Selbstvertrauen an die Hand, um effektiv mit deinen Lieferanten und Herstellern zu verhandeln. Wir zeigen dir die wichtigsten Verhandlungspunkte auf, geben dir umsetzbare Tipps und helfen dir, nicht als Bittsteller an den Verhandlungstisch zu treten, sondern als gut vorbereiteter, professioneller Geschäftspartner, der ein faires Geschäft anstrebt. Mach Verhandlungen zu einem Werkzeug, mit dem du deinen Gewinn steigern kannst, statt zu einer Quelle der Angst.

Vorbereitung: Die Grundlage für erfolgreiche Verhandlungen

Unvorbereitet in eine Verhandlung zu gehen, ist wie ohne Kompass zu segeln. Bevor du überhaupt über Bedingungen sprichst, musst du deine Hausaufgaben machen:

  • Kennt deine Zahlen: Verstehe deine angestrebten Herstellungskosten (COGS), gewünschten Gewinnmargen und die Gewinnschwelle. So weißt du, wie viel Spielraum du *realistisch* hast. [Interner Link: Blogbeitrag zur Berechnung deiner Herstellungskosten (COGS)]
  • Recherchiert Branchenstandards: Was sind typische Zahlungsbedingungen, Mindestbestellmengen und Lieferzeiten für eure Produkttyp und Branche? Wenn ihr die Normen kennt, habt ihr einen Kontext und Verhandlungsspielraum.
  • Versteht die Perspektive des Lieferanten: Berücksichtigt seine potenziellen Kosten, Mindestgewinnmargen und Motivationen. Handelt es sich um eine große Fabrik, für die eure Bestellung nur einen kleinen Teil des Gesamtumsatzes ausmacht, oder um eine kleinere Werkstatt, die dringend neue Aufträge benötigt? Dies beeinflusst die Flexibilität des Lieferanten.
  • Lege deine Prioritäten fest: Was ist dir am wichtigsten? Der Preis? Die Zahlungsbedingungen? Die Lieferzeit? Die Qualitätsgarantien? Möglicherweise musst du in einem Punkt nachgeben, um in einem anderen zu gewinnen. Unterscheide zwischen Must-haves und Nice-to-haves.
  • Bestimme deine BATNA (Best Alternative To a Negotiated Agreement): Was machst du, wenn du keine Einigung erzielen kannst? Eine glaubwürdige Alternative (ein anderer geprüfter Lieferant, eine Verzögerung der Markteinführung) verschafft dir Verhandlungsmacht.

Wichtige Änderung der Denkweise: Betrachte Verhandlungen nicht als Kampf, den du gewinnen musst, sondern als gemeinsamen Prozess, um eine Lösung zu finden, die für beide Seiten gut funktioniert. Ein Lieferant, der zu sehr unter Druck gesetzt wird, könnte später Abstriche machen.

Wichtige Verhandlungspunkte

Der Preis ist oft das Erste, woran man denkt, aber es gibt noch einige andere Punkte, die verhandelbar sind und deinen Cashflow und deine Abläufe erheblich beeinflussen können.

1. Preis (Stückkosten)

Das ist der offensichtlichste Punkt. Hier kannst du Druck ausüben durch:

  • Mengenverpflichtungen: Können Sie eine größere Erstbestellung anbieten oder sich zu einer bestimmten Menge über einen bestimmten Zeitraum verpflichten (sofern realistisch)?
  • Marktpreisdaten: Wenn Sie Angebote von vergleichbaren Lieferanten haben (stellen Sie sicher, dass diese in Bezug auf Qualität und Zuverlässigkeit wirklich vergleichbar sind), können Sie diese Daten manchmal vorsichtig nutzen.
  • Vereinfachung der Spezifikationen: Gibt es kleinere Produktmerkmale oder Verpackungselemente, die Sie vereinfachen könnten, um die Kosten zu senken und so einen niedrigeren Preis zu erzielen?
  • Potenzial für eine langfristige Beziehung: Stell dein Unternehmen als potenziellen langfristigen Partner dar und deutet damit zukünftige, größere Aufträge an.

Taktischer Ansatz: Frag nicht einfach nach einem „Rabatt“. Erkläre, warum dein Zielpreis für deine Marktfähigkeit wichtig ist, oder verweise auf einen der oben genannten Faktoren.

2. Mindestbestellmenge (MOQ)

Hohe Mindestbestellmengen können für Start-ups ein Hindernis sein. Verhandlungsstrategien sind unter anderem:

  • Verhandlung einer geringeren Erstbestellung: Schlagen Sie eine kleinere Testbestellung vor und verpflichten Sie sich zu einer größeren zweiten Bestellung, wenn die erste Charge gut verkauft wird.
  • Kombinieren von Bestellungen: Wenn der Lieferant andere nicht konkurrierende Produkte herstellt, die Sie möglicherweise später benötigen, fragen Sie, ob durch die Kombination verschiedener Artikel wertbasierte statt mengenbasierte MOQs erreicht werden können.
  • Einen etwas höheren Stückpreis anbieten: Manchmal akzeptieren Lieferanten eine geringere MOQ, wenn du einer kleinen Preiserhöhung für die erste kleinere Charge zustimmst. Überlege dir, ob sich dieser Kompromiss für dich lohnt.
  • Verstehen, warum es die MOQ gibt: Liegt es an den Rohstoffkosten, den Maschinenkosten oder an etwas anderem? Wenn du den Grund verstehst, kannst du manchmal Verhandlungsspielräume aufdecken. [Interner Link: Blogbeitrag zum Thema „Mindestbestellmengen (MOQs) verstehen“]

3. Zahlungsbedingungen

Dies hat erhebliche Auswirkungen auf deinen Cashflow. Übliche Bedingungen sind 30 % Anzahlung/70 % vor Versand oder 50/50. Mögliche Verhandlungspunkte:

  • Verschiebung des Verhältnisses: Kannst du 20 % Anzahlung/80 % später oder 40/60 aushandeln? Selbst kleine Verschiebungen helfen.
  • Zahlung nach Prüfung: Kannst du bei größeren Bestellungen oder nach Aufbau eines Vertrauensverhältnisses eine Zahlung des Restbetrags *nach* einer erfolgreichen Prüfung vor dem Versand aushandeln?
  • Nettozahlungsbedingungen (z. B. Netto 30): Diese Zahlungsbedingung (Zahlung 30 Tage *nach* Erhalt der Ware) ist bei Erstbestellungen bei Lieferanten aus Übersee selten, kann aber nach Aufbau einer soliden Geschäftsbeziehung möglich werden.
  • Verwendung von Akkreditiven (LC): Bei sehr großen Bestellungen bietet ein Akkreditiv Sicherheit für beide Seiten, erhöht aber den Aufwand und die Kosten.

Wichtiger Hinweis: Auch Lieferanten brauchen Cashflow. Seien Sie realistisch, insbesondere bei Erstbestellungen. Konzentrieren Sie sich auf schrittweise Verbesserungen.

4. Produktionsvorlaufzeit

Eine schnellere Lieferzeit bedeutet, dass Ihr Produkt schneller auf den Markt kommt. Lieferanten haben zwar feste Vorgaben, aber manchmal sind Verhandlungen möglich:

  • Zahlung einer Eilgebühr: Gibt es die Möglichkeit, einen Aufpreis für eine schnellere Produktion zu zahlen?
  • Priorität für kleinere Chargen: Kann der Lieferant einen kleineren Teil Ihrer Bestellung zuerst bearbeiten?
  • Klare Kommunikation: Stellen Sie sicher, dass die Vorlaufzeit mit der Zahlungsbestätigung/Musterfreigabe beginnt und nicht erst mit dem Bestelldatum. Klären Sie, ob es sich um Werktage oder Kalendertage handelt.

5. Versandbedingungen (Incoterms)

Die Kenntnis der Incoterms (wie FOB, EXW, DDP) ist von entscheidender Bedeutung. Diese legen fest, wer die Versandkosten trägt und das Risiko trägt. Während der Lieferant vielleicht eine bestimmte Regelung bevorzugt (z. B. EXW – Ex Works, bei der du den gesamten Versand ab Werk übernimmst), ziehst du vielleicht eine andere vor (z. B. FOB – Free On Board, bei der er die Verladung auf das Schiff übernimmt). Die Aushandlung der Incoterms kann zu erheblichen Verschiebungen bei Kosten und Verantwortlichkeiten führen. [Interner Link: Blogbeitrag zum Thema „Incoterms verstehen“]

6. Qualitätsstandards und Prüfverfahren

Legt vor Produktionsbeginn akzeptable Qualitätsniveaus (AQL) und Prüfverfahren fest. Legt Fehlertypen (kritisch, schwerwiegend, geringfügig) und akzeptable Prozentsätze fest. Klärt, ob ihr einen unabhängigen Prüfer beauftragt und wann die Prüfungen stattfinden (z. B. vor dem Versand). Auch wenn es sich hierbei nicht um eine „Bedingung“ wie der Preis handelt, beugt eine klare Festlegung künftigen Streitigkeiten vor. [Interner Link: Blogbeitrag über Qualitätskontrollen vor der Listung von Produkten]

Verhandlungstaktiken und -etikette

  • Seien Sie professionell und respektvoll: Behalten Sie stets einen höflichen und sachlichen Ton bei. Der Aufbau einer guten Beziehung ist hilfreich.
  • Streben Sie eine Win-Win-Situation an: Formulieren Sie Ihre Wünsche so, dass auch die Bedürfnisse Ihres Gegenübers berücksichtigt werden. Erläutern Sie Ihre Einschränkungen.
  • Beginnen Sie etwas über Ihrem Ziel: Haben Sie ein realistisches Ziel vor Augen, beginnen Sie Ihre Verhandlung jedoch etwas darüber, um Spielraum für Kompromisse zu lassen.
  • Bündeln Sie Themen: Verhandeln Sie Bedingungen als Gesamtpaket, nicht unbedingt einzeln. Das ermöglicht Zugeständnisse (z. B. „Wenn Sie diesen Preis akzeptieren, können wir Ihren Standardzahlungsbedingungen zustimmen“).
  • Halten Sie alles schriftlich fest: Stellen Sie nach der Einigung sicher, dass alle ausgehandelten Bedingungen klar in einer Proforma-Rechnung (PI) oder einem Kaufvertrag (PA) dokumentiert sind. Unklarheiten führen zu Problemen.
  • Wissen, wann man gehen muss: Wenn der Lieferant bei deinen kritischen Anforderungen unflexibel ist oder die Bedingungen trotz deiner besten Bemühungen ungünstig bleiben, sei bereit, deine BATNA zu nutzen.

Über den ersten Deal hinaus: Pflege die Beziehung

Verhandlungen enden nicht mit der ersten Bestellung. Wenn du eine Erfolgsbilanz mit pünktlichen Zahlungen und konsistenten Bestellungen aufbaust, steigt dein Verhandlungsspielraum. Überprüfen Sie die Bedingungen regelmäßig. Erfolgreich ausgeführte Bestellungen schaffen Vertrauen und können Ihnen später bessere Preise, flexiblere Mindestbestellmengen oder verbesserte Zahlungsbedingungen verschaffen.

Betrachten Sie Ihre Lieferantenbeziehung als langfristige Partnerschaft. Konsistente, faire Geschäfte schaffen Goodwill, der von unschätzbarem Wert sein kann, wenn unvorhergesehene Probleme auftreten (und das tun sie manchmal). Starke Beziehungen führen oft zu besserem Service und bevorzugter Behandlung.

Übernehmen Sie die Kontrolle über Ihre Lieferantenverträge

Effektive Verhandlungen mit Lieferanten sind eine Fähigkeit, die sich direkt auf deine Rentabilität und betriebliche Effizienz auswirkt. Durch gründliche Vorbereitung, Verständnis der wichtigsten Verhandlungspunkte, den Einsatz kluger Taktiken und den Fokus auf den Aufbau einer professionellen Beziehung kannst du Vereinbarungen erzielen, die deine Geschäftsziele wirklich unterstützen.

Lass kein Geld auf dem Tisch liegen und akzeptiere keine Bedingungen, die deinen Cashflow behindern, nur weil du zögerst. Betrachte Verhandlungen als einen normalen und notwendigen Teil deiner Geschäftstätigkeit. Es geht darum, den Sweet Spot zu finden, an dem sowohl du als auch dein Lieferant erfolgreich sein können.

Brauchst du Hilfe bei der Gestaltung deiner Lieferantenverträge?

Die Aushandlung von Bedingungen, insbesondere über kulturelle Grenzen hinweg und in komplexen Lieferketten, erfordert eine sorgfältige Strategie und Fachwissen. Es ist wichtig, dass deine Vereinbarungen klar und fair sind und deine Interessen schützen. Wenn du Unterstützung bei der Optimierung deiner Lieferantenverhandlungen und deiner gesamten Beschaffungsstrategie suchst, wende dich noch heute an Online Retail HQ. Unsere Experten helfen dir dabei, die bestmöglichen Konditionen für dein E-Commerce-Unternehmen zu erzielen.

Zusammenfassung

Lerne effektive Strategien für die Verhandlung von Lieferantenbedingungen kennen. Dieser Leitfaden behandelt wichtige Bereiche wie Preis, Mindestbestellmenge, Zahlung und Lieferzeiten und bietet Taktiken, um günstige Vereinbarungen zu erzielen und starke Partnerschaften für deinen Online-Shop aufzubauen.

Adjø,

 

Lars O. Horpestad

Autor & CEO

Online Retail HQ

E-Mail: lars@onlineretailhq.com